Nach einer kurzen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück im Hotel Cooe [Ku:i] – unserem Basecamp für die Aktion Wandern mit Biss – machen wir uns auf dem Weg zur Goiserer Hütte. Die Hütte liegt Nord-östlich von Gosau (780m) mitten auf einer Bergkuppe in Richtung Bad Goisern.
Laut Karte sind es 6 bis 8 km Luftlinie, um die Hütte zu erreichen. Nach der Mammut-Tour von gestern, scheint das Ziel im Vergleich leicht zu erreichen zu sein. Denken wir! Direkt am Stadtrand Gosau auf die Route 166 in Richtung Rußbach finden wir das Schild Alpinweg 4 – auch SalzAlpenSteig genannt. Wir freuen uns, dass der Weg durch den Wald läuft, denn es ist heute wieder brütend heiß. Es sind hoch sommerliche 27° C beim Start. . . das Thermometer wird im Laufe des Tages Körpertemperatur von 36°C erreichen. Wir hoffen auf Schatten, Waldfrische und auf einen gemütlichen Tagesausflug. Der Eindruck täuscht. Es geht gleich zur Sache, steil bergauf durch den Wald. Als wir die erste Waldlichtung Iglmoosalm (1206m) erreichen, haben wir das erste Shirt durchgeschwitzt. Die Alm lädt verlockend zur Erfrischung ein, doch wir haben andere Pläne. Unser Ziel und Date für den heutigen Tage liegen noch einige schweißtreibende Kilometer und Höhenmeter entfernt. Der Weg ist wunderschön, abwechslungsreich und bei anderen Temperaturen ein paradiesischer Bergwanderer-Traum. Wir würdigen ihn dem Wetter angemessen, eher etwas zurückhaltend.
Niemand scheint außer uns unterwegs zu sein. Klar, bei den Temperaturen traut sich keiner aus dem Haus! Nach 3 Stunden erreichen wir leicht durchgegart – medium rare – endlich unser Ziel: die Goiserer Hütte. Die Hütte liegt auf einer Bergkuppe: fan-tas-tische Lage! Zum Greifen nah scheint der Gipfel des Hohen Kalmbergs. In der Ferne sieht man die mächtige Kulisse des Toten Gebirges. Wir registrieren die magische Schönheit und die Aura dieses Ortes … bringen aber erstmal kaum ein Wort heraus. So trocken sind unsere Kehlen! Wir möchten noch eines: etwas Erfrischendes trinken. Max, der echt sehr charmante Hüttenwirt mit den leuchtend blauen Augen und dem langen Kinnbart lädt uns zu einer eisgekühlten Minz-Holunder-Limonade ein. Zisch. Vom Feinsten! Dann sagt er, er hatte mit zwei ‚Mannsleuten' als Redakteure gerechnet. Umso mehr erfreut es ihn, dass es zwei Redakteurinnen geworden sind! Er richtet für uns einen Picknick-Korb mit regionalen Köstlichkeiten: würziger Bergkäse, Kaminwurzn, frische Gurken, Tomaten, Paprika und Äpfel. Dazu zwei kühle Radler. Genau unser Lieblings-Bergvesper. Frage ist nur, wo machen wir unser Picknick? Es ist zwischenzeitlich mörderisch heiß draußen, die Sonne scheint erbarmungslos vom Himmel und Max sagt uns, dass der Weg auf dem hohen Kalmberg zwar einen schönen Rastplatz bietet … aber überhaupt keinen Schatten.
Was tun? In der Hitze hochlaufen und weiter garen oder im Schatten der Goiserer „Feng-Shui" Hütte bleiben? Ein kurzer Blicktausch genügt – und wir ziehen mit dem schönen Picknick-Korb am Arm (die Rucksäcke bleiben bei Max) auf einem schmalen Pfad in Richtung Gipfel… auf der Suche nach dem ultimativen Rastplatz. Vorteil ist, bei dieser Backofenhitze gehört der Berg uns, wir sind da oben gaaaanz allein! Niemand ist so verrückt, um in der brütenden Mittagshitze auf einem Berg zu kraxeln. Nach knapp 20 Minuten erreichen wir einen Rastplatz, der wie für uns geschaffen ist. Jetzt braucht es dringend ein Schneefeld, um die Radler wieder zu kühlen, die zwischenzeitlich wieder Zimmertemperatur haben. Wir finden alles was das Herz begehrt und zaubern im Null-Komma-Nichts ein einladendes ‚Tischlein-deck-dich'. Es schaut aus wie aus einer Filmkulisse eines Heimatfilmes. Das Panorama ist gigantisch, 360° Berg-Aussichten und in der Ferne das Tote Gebirge. Wir haben richtig Hunger und nach der Foto-Session stützen wir uns auf die Leckereien aus dem Picknickkorb. Klar, schmeckt es uns! Nach zwei Stunden Edelpause, steigen wir schweren Herzens ab. Max wundert sich, dass wir es da oben in dieser Glut solange ausgehalten haben. Wir auch! Er erklärt uns ein wenig, wer er ist, warum er tut, was er tut. Und was wir alles an Bergpanorama vor uns sehen. Wir lieben jetzt schon diesen Platz, diese wundervolle schöne Hütte, im Feng-Shui Stil auf der Bergkuppe gerichtet, un petit coin de paradis!
Um 15h30 heißt es leider schon Abschied nehmen und wir steigen wieder ins Tal Richtung Bad Goisern ab. Der Weg ist richtig lang, steil und vor allem hier und dort gefährlich, weil er eigentlich noch gesperrt ist (was wir nicht wussten!) – der Winter und das Frühjahr haben ihre Spuren hinterlassen und Schotterabgänge haben Teile des Weges mitgerissen. Trotzdem müssen wir Gas geben, denn wir haben heute Abend in Gosau noch eine schöne Verabredung mit Mathias Steiger vom Tourismusbüro. Um 17:30 Uhr holt uns der lokale Taximan Sepp in Gschwandt bei Bad Goisern ab und fährt uns im tiefkühlen, klimatisierten Taxi nach Gosau ins Hotel zurück. Wir haben beinahe einen Kälteschock bekommen. Auf der halbstündigen Fahrt nach Gosau erfahren wir alles über die zahlreichen Horden asiatischer Touristen, die täglich über die alte Salzstadt Hallstatt mit ihren sehenswerten Miniaturhäusern und dem idyllischen See herfallen. Schon beinahe zu viel des Trubels für die Einheimischen.
Nach einer Blitzdusche, Kurzstyling und dem Outfitwechsel von kurzer Hose in ein luftiges Sommerkleidchen sitzen wir um 19 Uhr – französisch pünktlich – mit Mathias beim Landhaus Koller auf der edlen Veranda. Die Aussicht kann mit dem wunderschönen Tag mithalten. Uns vis-a-vis thront verlockend der Donnerkogel, ihm zu Füßen liegt spielerisch das Tal und die Streusiedlung Gosau. Wir genießen diesen Anblick in der Ferne und ein richtig feines Abendessen… und zur Feier des Tages gibt es passend zur fangfrischen Forelle eine Flasche gut gekühlten Grünen Veltiners. Genuss pur. Wandern mit Biss gefällt uns. Die Region Dachstein-Salzkammergut sowieso. Wir kommen wieder. Das wissen wir jetzt schon!